Sunday, December 21, 2014

Unterwegs auf Schwil Israel

Israelpfad, von Beer Sheva bis Sde Boker
Heute will ich Euch von einer Wanderung erzählen, die ich jetzt im Dezember durch dieses erstaunliche Land gemacht habe. Israel besitzt viele Wanderwege, die zum grossen Teil gut markiert sind. Der längste Wanderweg ist der Israel Nationalpfad, oder wie wir ihn liebevoll auf Hebräisch nennen – der Schwil Israel. Seine Gesamtlänge ist mehr als 1000 km, und er führt von den nördlichen Mittelmeerwäldern im Galiläa via Tel Aviv und Jerusalem durch die Negevwüste nach Eilat. 2 Monate dauert die ganze Wanderung. http://www.israeltrail.net/

Ich durfte mich einer Gruppe anschliessen, die den ganzen Pfad wandert, bin 8 Tage mitgewandert, von der Region Beer Shewa über Arad bis zum Kibbutz Sde Boker, wo der erste Ministerpräsident des Staates Israel seine letzten Jahre verbrachte, und ich, wenige Jahre später, meine ersten Monate in Israel als Volontärin.

Kühle, lange Nächte im Dezember im Zelt, Regen in der Wüste, Nächte mit hoher Luftfeuchtigkeit, das waren die dunklen Seiten dieser Wanderung. Aber nicht davon will ich Euch erzählen, sondern von der Wüste, ihren Menschen, den unglaublichen Landschaften, den Überraschungen.

Beer Shewa und Arad liegen am Rande der Wüste, dort ist es noch etwas grün, und da wohnen auch Beduinen, die zwar nicht mehr herumziehen, aber ihre Herden das spärliche Grün abrupfen lassen. Die arbeitslosen jüdischen Neueinwanderer der 1950er Jahre haben hier im Rahmen der Arbeitsbeschaffung einen riesigen Wald anpflanzt, ein grüner Fleck in der immer karger werdenden Landschaft.

Am Rande der  Wüste, Yatirwald

Arad war zu biblischen Zeiten ein Militärstützpunkt gegen einfallende Stämme aus dem Süden, heute bilden alteingesessene Israelis, russische Neueinwanderer und orthodoxe Juden eine eigenartige Bevölkerungsmischung. Im Stadtzentrum werden neben einem aufgeblasenen Plastikschneemann Weihnachtsdekorationen verkauft, in einem Land, wo eigentlich nicht Weihnachten gefeiert wird, und die orthodoxen Juden bereiten sich eilig auf den Schabbat vor.
Tag der Ruhe in Arad, mit Sharon, der
Hündin Luka und dem Plastikschneemann
Eine Kamelherde: Luka muss an die Leine 

Morgennebel und Wassertümpel in der Wüste!
Südlich von Arad betreten wir das "Kraterland", eine einmalige Landschaft, die es nur in den Wüstengebieten rings um den Jordangraben gibt, in Israel, Jordanien und der Sinaihalbinsel. Die Erosion der Wüstenflüsse, in Zusammenhang mit dem tiefen tektonischen Jordangraben, haben hier eigenartige Krater gebildet und grosse Löcher in die Landschaft gerissen. Schwil Israel führt hier auf und ab, in den kleinen Krater hinein und dann wieder hinaus (der Höhenunterschied zwischen dem Grunde des Kraters und dessen Rändern ist 300 m). Nein, es sind nicht Löcher, die von Meteoren aufgerissen wurden, es ist eine geologische Laune der Natur, und der Schwil ist so geplant, dass man den Krater von allen Winkeln aus betrachten kann. Ein ausgezeichnetes Fitnesstraining.

Blick in den kleinen Krater
Wir verlassen den kleinen Krater

Einen ganzen Tag kraxeln wir über die Ränder des grossen Kraters, wir Wanderer befinden uns genauso in der Schieflage wie die riesigen, von unterirdischen Erdkräften aufgestellten Kalkschichten. Diese Tageswanderung gilt als die schönste und anspruchsvollste des ganzen Schwils und eignet sich nur für Schwindelfreie. Eine gewaltige Landschaft.



In Schieflage am Rande des grossen Kraters

Zwischen diesen Höhenpunkten wandern wir gemächlich durch weite Ebenen, über sanfte Hügel, durchqueren meist trockene, zum Teil tiefe Flussbette. Und doch, vielerorts glitzert Wasser in Tümpeln, Überreste des seltenen Wüstenregens, der uns hier erfreut hat. 

Immer wieder kommt der Gedanke an die Wüstenkarawanen hoch, die während Tausenden von Jahren wertvolle Güter durch diese unwirtlichen Landschaften geführt haben, Weihrauch aus Arabien nach Gaza und Rom, Gewürze nach Damaskus und Bagdad. Sie zogen von einem Wasserloch zum nächsten, übernachteten in einfachen Karawansereien. Auf uns wartet am Abend der Vierradantrieb mit heissem Kaffee und Tee, Suppe und herrlichem Abendessen, wir stellen unsere Zelte auf und bereiten uns auf die nächste lange und kalte Nacht vor.
Dieses Land war früher einmal vom Meer überflutet, wir finden
Versteinerungen von Schnecken und grosse Muschelansammlungen

Zeltlager bei Sonnenaufgang

Wegmarkierungen im Zintal

Chanuka (das jüdische Lichterfest) in der Wüste
Und die Wüstensteinböcke beobachten uns, neugierig, aus sicherer Distanz. 
2 Steinböcke, oben dem Grat, in der Mitte des Bildes.