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Israelpfad, von Beer Sheva bis Sde Boker |
Heute will ich Euch von einer
Wanderung erzählen, die ich jetzt im Dezember durch dieses erstaunliche Land
gemacht habe. Israel besitzt viele Wanderwege, die zum grossen Teil gut
markiert sind. Der längste Wanderweg ist der Israel Nationalpfad, oder wie wir
ihn liebevoll auf Hebräisch nennen – der Schwil Israel. Seine Gesamtlänge ist
mehr als 1000 km, und er führt von den nördlichen Mittelmeerwäldern im Galiläa via
Tel Aviv und Jerusalem durch die Negevwüste nach Eilat. 2 Monate dauert die
ganze Wanderung. http://www.israeltrail.net/
Ich durfte mich einer Gruppe
anschliessen, die den ganzen Pfad wandert, bin 8 Tage mitgewandert, von der
Region Beer Shewa über Arad bis zum Kibbutz Sde Boker, wo der erste
Ministerpräsident des Staates Israel seine letzten Jahre verbrachte, und ich,
wenige Jahre später, meine ersten Monate in Israel als Volontärin.
Kühle, lange Nächte im Dezember im
Zelt, Regen in der Wüste, Nächte mit hoher Luftfeuchtigkeit, das waren die dunklen Seiten dieser
Wanderung. Aber nicht davon will ich Euch erzählen, sondern von der Wüste,
ihren Menschen, den unglaublichen Landschaften, den Überraschungen.
Beer Shewa und Arad liegen am Rande der Wüste, dort ist es noch etwas grün, und da wohnen auch Beduinen, die zwar nicht mehr herumziehen, aber ihre Herden das spärliche Grün abrupfen lassen. Die arbeitslosen jüdischen Neueinwanderer der 1950er Jahre haben hier im Rahmen der Arbeitsbeschaffung einen riesigen Wald anpflanzt, ein grüner Fleck in der immer karger werdenden Landschaft.
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Am Rande der Wüste, Yatirwald |
Arad war zu biblischen Zeiten ein
Militärstützpunkt gegen einfallende Stämme aus dem Süden, heute bilden alteingesessene Israelis, russische Neueinwanderer und orthodoxe Juden eine eigenartige Bevölkerungsmischung. Im Stadtzentrum werden neben einem aufgeblasenen Plastikschneemann Weihnachtsdekorationen verkauft, in einem Land, wo eigentlich nicht Weihnachten gefeiert wird, und die orthodoxen Juden bereiten sich eilig auf den Schabbat vor.
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Tag der Ruhe in Arad, mit Sharon, der Hündin Luka und dem Plastikschneemann |
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Eine Kamelherde: Luka muss an die Leine |
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Morgennebel und Wassertümpel in der Wüste! |
Südlich von Arad betreten wir das
"Kraterland", eine einmalige Landschaft, die es nur in den
Wüstengebieten rings um den Jordangraben gibt, in Israel, Jordanien und der
Sinaihalbinsel. Die Erosion der Wüstenflüsse, in Zusammenhang mit dem tiefen
tektonischen Jordangraben, haben hier eigenartige Krater gebildet und grosse
Löcher in die Landschaft gerissen. Schwil Israel führt hier auf und ab, in den
kleinen Krater hinein und dann wieder hinaus (der Höhenunterschied zwischen dem
Grunde des Kraters und dessen Rändern ist 300 m). Nein, es sind nicht Löcher,
die von Meteoren aufgerissen wurden, es ist eine geologische Laune der Natur, und der Schwil ist so geplant, dass man den Krater von allen
Winkeln aus betrachten kann. Ein ausgezeichnetes Fitnesstraining.
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Blick in den kleinen Krater |
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Wir verlassen den kleinen Krater |
Einen ganzen Tag kraxeln wir über die Ränder des grossen Kraters, wir Wanderer befinden uns genauso in der Schieflage wie die riesigen, von unterirdischen Erdkräften aufgestellten Kalkschichten. Diese Tageswanderung gilt als die schönste und anspruchsvollste des ganzen Schwils und eignet sich nur für Schwindelfreie. Eine gewaltige Landschaft.
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In Schieflage am Rande des grossen Kraters |
Zwischen diesen Höhenpunkten wandern
wir gemächlich durch weite Ebenen, über sanfte Hügel, durchqueren meist
trockene, zum Teil tiefe Flussbette. Und doch, vielerorts glitzert Wasser in Tümpeln,
Überreste des seltenen Wüstenregens, der uns hier erfreut hat.
Immer wieder kommt der
Gedanke an die Wüstenkarawanen hoch, die während Tausenden von Jahren wertvolle
Güter durch diese unwirtlichen Landschaften geführt haben, Weihrauch aus
Arabien nach Gaza und Rom, Gewürze nach Damaskus und Bagdad. Sie zogen von
einem Wasserloch zum nächsten, übernachteten in einfachen Karawansereien. Auf
uns wartet am Abend der Vierradantrieb mit heissem Kaffee und Tee, Suppe und
herrlichem Abendessen, wir stellen unsere Zelte auf und bereiten uns auf die
nächste lange und kalte Nacht vor.
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Dieses Land war früher einmal vom Meer überflutet, wir finden Versteinerungen von Schnecken und grosse Muschelansammlungen |
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Zeltlager bei Sonnenaufgang |
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Wegmarkierungen im Zintal |
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Chanuka (das jüdische Lichterfest) in der Wüste |
Und die Wüstensteinböcke beobachten
uns, neugierig, aus sicherer Distanz.
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2 Steinböcke, oben dem Grat, in der Mitte des Bildes.
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