Thursday, July 7, 2016

Doppelt genäht hält besser? Gedanken zu Heirat und Menschenrechten

Wer uns näher kennt, weiss, dass wir momentan beschäftigt sind, zwei unserer drei Kinder unter die Haube zu bringen. Jedes heiratet auch gleich zwei Mal, einmal zivil im Ausland, das zweite Mal mit einem Familienfest. Warum? Weil doppelt genäht besser hält, wie es eine alte Redensart besagt? Die Antwort findet Ihr unten. Letztes Jahr habe ich das Thema Heirat in einem Blog bereits thematisiert, nun ist es für uns höchst aktuell.


Hochzeit auf Kreta
Heiraten dürfen, wen man möchte, ist laut UNO ein grundlegendes Menschenrecht. In ihrer Allgemeinen Erklärung sind der grundlegende Schutz von Ehe und Familie, die Freiheit zur Eheschliessung, die Gleichberechtigung der Ehepartner und die Freiheit zur Familiengründung definiert. Artikel 16 gewährt das Recht zur Eheschließung unabhängig von Rasse, Staatsbürgerschaft oder Religion, schützt aber auch die Freiheit, eine Ehe nicht eingehen zu wollen.

Daneben steht es den einzelnen Staaten frei, in ihren Ehegesetzen andere Hindernisse zu bestimmen, wie z.B. das Verbot der Polygamie oder der Eheschließung zwischen nahen Blutsverwandten. Die westlichen Demokratien haben diese beiden Hindernisse in ihrer Gesetzgebung verankert; entsprechend werden die zu Vermählenden vor der Eheschließung vom Zivilstandsamt / Standesamt überprüft. Darüber hinaus wird in vielen westlichen Ländern um die Legalisierung gleichgeschlechtlicher Ehen gerungen.

Feier im engsten Familienkreis
Im gesamten Nahen Osten, so das Ergebnis einer Internetrecherche, gibt es keine zivilen Eheschließungen, die Autorität liegt bei den jeweiligen religiösen Gemeinden, also bei Scheichen, Priestern oder Rabbinern. Im Libanon wurde 1936 (unter dem Französischen Mandat) ein Dekret ausgearbeitet, das den religiösen Gemeinden die gesetzliche und administrative Verantwortung für alle Personenstandsangelegenheiten überträgt. Wobei im Libanon nicht weniger als 18 verschiedene Religionsgruppen leben!

Praktisch bedeutet das: In allen Ländern, die ähnlich wie der Libanon eine große Anzahl verschiedener ethnischer und religiöser Gruppierungen aufweisen, darf nur innerhalb der eigenen Religionsgemeinde geheiratet werden. Da gibt es Sunniten und Schiiten, Christen 16 verschiedener Konfessionen, Drusen, Jesiden, Alawiten, Ahmedi, und Bahai – und eine Vermischung ist praktisch unmöglich, denn: wer sollte die Liebenden trauen? So werden die Bestimmungen der UNO de facto ausgehebelt.
Hochzeitsfeier in Jerusalem

Israel bildet da keine Ausnahme. Christen können keine Muslime heiraten, Muslime keine Juden, usw. Die jüdische Gesetzgebung (Halacha) hat weitere Auflagen - uralte Gesetze, in denen festgelegt wurde, wer wen heiraten darf – und auch wann.

Meine Kinder und ihre Partner sind jüdisch, es gibt also keine Hindernisse. Man geht zum Rabbinat, schreibt sich ein und heiratet – ein scheinbar unkomplizierter Vorgang. Oder doch nicht?

Stellt Euch Folgendes vor: Ihr seid ein protestantisches Liebespaar in einem überwiegend protestantischen Staat und wollt heiraten. Der Staat schreibt vor, dass Euch nur ein katholischer Priester trauen (und auch scheiden) kann. So ungefähr läuft es hier. In unserem sozialen Umfeld ist kaum jemand fromm, auch nicht annähernd, aber heiraten (und sich scheiden lassen) – das geht ausschließlich über die orthodoxen Institutionen.

Es gibt natürlich Alternativen. Unser Sohn und seine Partnerin haben sich von einem nicht-orthodoxen Rabbiner in Jerusalem trauen lassen − nur ist diese Eheschliessung nicht rechtsgültig. Man kann auch einen (zivilen) Ehevertrag schließen, doch auch dieser wäre nicht rechtsgültig. Unsere Tochter und ihr Partner wünschten sich eine Feier im engsten Familienkreis auf Kreta, mit Sonne, Meer und einer privaten Zeremonie.
Fröhlicher Hochzeitsmarsch vor dem Panorama
der Jerusalemer Altstadt

Ziviltrauungen im Ausland werden sowohl von Israel als auch vom Libanon als rechtsgültig anerkannt. Unsere Tochter und ihr Partner haben sich in der Schweiz zivil trauen lassen, unser Sohn und seine Partnerin heiraten in Zypern. Dort hat sich eine regelrechte Heiratsindustrie entwickelt, wo sich Israelis und Libanesen, die zu Hause nicht heiraten wollen oder dürfen, die Klinke in die Hand geben.

Mazal tov!!