Am Weihnachtstag fuhr ich nach Jerusalem,
auf der Suche nach Weihnachten. Israel's christlich-arabische Bevölkerung bildet eine kleine
Minderheit (weniger als 2%) der israelischen Gesamtbevölkerung, und konzentriert sich auf wenige Orte: Nazareth,
Haifa, vereinzelte Dörfer iמ Galiläa, Jaffa und eben Jerusalem. Früh morgens fuhr
ich mit dem Linienbus ab Nethania, 100 km bis nach Jerusalem, im israelischen Verkehrsalbtraum, 2 1/2 Stunden. Für die vorwiegend jüdische Bevölkerung des
Heiligen Landes ist der 25. Dezember ein gewöhnlicher Arbeitstag, im Judentum
gibt es keine Weihnacht.
Beim Damaskustor
Das Damaskustor bildet den
nordwestlichen Eingang der Jerusalemer Altstadt, und verbindet die arabische
Neustadt mit dem muslimischen Viertel der Altstadt.
Auch hier – Alltagsleben, der
orientalische Markt (hier Schuk genannt) ist geöffnet. Verschleierte Mütter kaufen ein, ein junges
arabisches Paar und Jeshiwastudenten flanieren durch die engen Gässchen.
Und doch, ein Anzeichen von Weihnachten, eine junge Frau mit einer
Samichlausmütze (auf gut Deutsch ist Samichlaus der Nikolaus, aber ich liebe diesen schweizerischen Ausdruck, verzeiht mir). Auch Muslime feiern nicht Weihnachten.
Das Neue Tor und das Christenviertel
Ein wunderschöner grosser Weihnachtsbaum am Eingang zum
Christenviertel, und auch der kletternde Samichlaus fehlt nicht, der mich immer
an einen Gehenkten erinnert.
Ich habe eine ganze Liste von
Weihnachtsmessen erstellt, wir versuchen den Eintritt zur ersten Messe, in der
griechisch-katholischen* Kirche. Nebst den religiösen Würdeträgern ist die
Kirche beinahe leer. Wir werden höflich gebeten, die Kirche zu
verlassen, eben weil Feiertag ist. Ein Grossteil des christlichen Viertels
vesteckt sich hinter hohen Mauern – das Lateinische Patriarchat, die Verwaltung
der Heiligen Orte (Custodia della Terra Santa), das Griechisch-Orthodoxe, das
Griechisch-Katholische Patriarchat, und weitere Institutionen. Letzte Überreste
des grössten Schnees seit Menschengedenken vor 10 Tagen erinnern uns mehr an
eine weisse Weihnacht als diese hohen Mauern, die, vielleicht, eine Weihnacht
verbergen.
Die Via Dolorosa
Die Touristenströme durch die Via
Dolorosa, die Leidensgeschichte Jesu thematisierend, gehen unbeirrt weiter,
als sei heute nicht Weihnachten. Auch das Kreuz wird weiterhin durch die Gassen
geschleppt. Aber.....für diese orthodoxe Gruppe aus
der Ukraine ist heute gar nicht Weihnachten; nach dem Julianischen
Kalender wird erst am 7. Januar gefeiert. Heute also "Business as
usual", auf dem Reiseprogramm steht die Via Dolorosa.
Die Grabeskirche
Kein einziger Weihnachtsschmuck, nichts,
aber auch gar nichts, das an eine Weihnacht erinnert. Die Kirche, die sich sechs verschiedene Konfessionen teilen, ist nur zum kleinen Teil katholisch, aber
selbst dort gibt es keinen Weihnachtsschmuck. In einer Ecke sitzt eine alte
griechisch-orthodoxe Nonne, in ein Buch vertieft. Auch ihre Weihnacht ist erst
am 7. Januar.
Westjerusalem - die jüdische Stadt
Auch hier herrscht Alltag, auf dem Machane Jehuda Markt kaufen die Menschen geschäftig ein, ab und zu wird ein Schwätzchen gehalten.
Auf der Rückfahrt zur Küste lese ich in der israelischen
Tageszeitung Haaretz, dass eine israelische Firma eine "Handy App" für
Weihnachten entwickelt hat. Kinder helfen Samichlaus, der im Kamin
steckengeblieben ist, sich zu befreien, damit der seine Geschenke verteilen
kann.
Im Süden von Tel Aviv, in der Nähe
des zentralen Busbahnhofs, wo FremdarbeiterInnen aus den Philippinen und Flüchlinge
aus Afrika leben, gibt es jede Menge Weihnachtskitsch zu kaufen. Tel Aviv, die
jüdische Stadt, verbreitet mehr Weihnachtsambiente als Jerusalem.
Doch, etwas Weihnachten gab es in der Altstadt von Jerusalem, am 25. Dezember waren dort viele Philippininnen unterwegs. Sie betreuen die alte Bevölkerung Israels und
leisten sich zu Weihnachten einen freien Tag, den sie zum Einkaufen benutzen. Sie haben
Weihnachten gefeiert, auf ihre Art. Die Betreuerin meines Schwiegervaters hat Goldschmuck gekauft und einen ganzen Monatslohn dafür bezahlt. Einmal im Jahr, hat sie verschmitzt gesagt.
Frohe Weihnachten und Frieden auf Erden.
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